Dream BIG
work hard....make it happen

Eine verrückte Zeit


Der Plan stand nach wie vor: Irgendwie mache ich einfach weiter. Jeden Tag zur Arbeit, anschließend zu Hause auf die Baustelle. So wurde nach und nach auch alles für die Zukunft vorbereitet - zum Beispiel ein Dusch WC, da die Feinmotorik rechts ja schon nicht mehr vorhanden war und der Gedanke daran, dass mich jemand anderes abputzt, schon über den Sinn des Lebens nachdenken ließ. Im Frühjahr noch in den Wald um Holz zu machen (für schlechte Zeiten 😉). Ich machte brav meine Ausleitung weiter - aber jetzt nur noch oral mit Chorella Alge - und nahm Aminosäuren, Basispulver und Vitaminkomplexpräparate. Immer wieder probierte ich eine neue Diät. Mal kein Zucker, mal kein Alkohol usw. Ich habe auch versucht nur Grünes und Rohes zu essen, aber nach drei Wochen war ich so schlecht gelaunt, dass ich dann den Grill angemacht habe... Es gab nur Fleisch! Und es tat sooo gut.

Auch meine ehrenamtliche Nebentätigkeit, den Messestand für Medizintechnik zu unterstützen, habe ich nicht aufgegeben. So konnte ich auch noch was von der Welt sehen. Unter anderem Mailand, Sao Paulo und Dubai. Gerade im Frühjahr. So haben sich meine Muskeln mit Wärme aufgetankt und der Winter war nicht so lang.

Mitte 2011 kam ich an meine physischen Grenzen und auch im Kopf erfolgte ein Umdenken . Die Doppelbelastung durch Arbeiten und Haus umbauen würde doch längerfristig zu einer Beschleunigung der ALS führen. So habe ich mich schweren Herzens dazu entschlossen, einen Rentenantrag zu stellen. Denn was soll ich mit meinem verdienten Geld, wenn ich es sowieso nicht ausgeben kann? Meine Rente begann dann zum  29.11.2011.

Ich habe es mir mit dem Entschluss nicht leicht gemacht, denn ich habe gerne gearbeitet und wollte eigentlich noch weiter, aber mit der Diagnose gab es kein „weiter“ mehr. Und so konnte ich meine Kraft gezielter einsetzen und das ohne Druck.



Im Grunde genommen ist dann bis 2015 krankheitstechnisch nicht wirklich was passiert. Zwar wurden meine Arme immer dünner und waren immer weniger zu gebrauchen, aber der Rest des Körpers blieb bis dahin an sich unversehrt. Dadurch habe ich mich auch irgendwie daran gewöhnt und angepasst.
Aber die Zeit, die ich verlebt habe, war doch sehr intensiv. Ob mit der Familie, beim Umbau oder auch die kleinen Dinge die man tut, die man sonst vielleicht so nicht getan hätte.
So besuchte ich den Wunderheiler João de Deus aus Brasilien, machte noch einen Bootsführerschein und wir nahmen Austauschschüler bei uns auf.


Moped Fahrstunde: Arme hingen schon komplett runter und schlackern am Körper. 2015.




Aber nun habe ich auch realisiert, dass ich einen anderen Verlauf habe, als mir prognostiziert worden ist. Ich habe gelernt das Leben bewusst zu leben. Leider konnte ich aufgrund meiner Diagnose keine großen Pläne machen. Aber ich lebte im Hier und Jetzt mit einer starken und großen Familie als Rückhalt.